Lautstarke Proteste gegen den Aufmarsch des Wachbataillons in Berlin-Köpenick

13. August 2014 | News Redaktion

Am heu­ti­gen Nach­mit­tag mar­schier­ten etwa 30 Sol­dat*innen des Ber­li­ner Wach­ba­tail­lons der Bun­des­wehr an­läss­lich der tra­di­tio­nel­len „Kö­pe­ni­cki­ade“ vor dem Rat­haus Kö­pe­nick, Sitz des Be­zirks­am­tes Trep­tow-​Kö­pe­nick, auf und pro­vo­zier­ten laut­star­ke Pro­tes­te. Denn ge­kom­men waren auch mehr als 50 Men­schen, um gegen die ge­schmack­lo­se In­sze­nie­rung und die Mi­li­ta­ri­sie­rung des öf­fent­li­chen Rau­mes zu de­mons­trie­ren.

Zu Ge­gen­pro­tes­ten auf­ge­ru­fen hat­ten das An­ti­fa­schis­ti­sche Bünd­nis Süd­ost [ABSO] und die Ber­li­ner Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Na­zi­re­gimes – Bund der An­ti­fa­schis­tin­nen und An­ti­fa­schis­ten (VVN-​BdA).

Wie einer Pres­se­mit­tei­lung des Be­zirks­am­tes zu ent­neh­men war, soll­ten statt Lai­en­spie­lern, wie sonst üb­lich, dies­mal „echte Gar­de­sol­da­ten des Ber­li­ner Wach­ba­tail­lons“ den Raub der Stadt­kas­se durch den Schus­ter Wil­helm Voigt nach­spie­len und dabei sym­bo­lisch das Kö­pe­ni­cker Rat­haus be­set­zen. Man woll­te „zu Ehren des Be­zirks­bür­ger­meis­ters Oli­ver Igel […] auf­mar­schie­ren.“1 Be­kannt wurde Voigt als „Haupt­mann von Kö­pe­nick“ durch seine spek­ta­ku­lä­re Be­set­zung des Rat­hau­ses der da­mals selb­stän­di­gen Stadt Cö­pe­nick am 16. Ok­to­ber 1906, in das er als Haupt­mann ver­klei­det mit einem Trupp gut­gläu­bi­ger Sol­da­ten ein­drang, den Bür­ger­meis­ter ver­haf­te­te und die Stadt­kas­se ent­wen­de­te.

Die Bun­des­wehr woll­te die Ver­an­stal­tung für Wer­be­zwe­cke zur Re­krut*in­nen­an­wer­bung nut­zen. Daher war auch ein In­for­ma­ti­ons­stand des „Kar­rie­r­e­cen­ter Ber­lin“ der Bun­des­wehr an­ge­kün­digt. Doch mehr als 50 Men­schen, dar­un­ter et­li­che An­woh­ner*innen, misch­ten sich unter die Schau­lus­ti­gen und mach­ten mit Pla­ka­ten, Trans­pa­ren­ten, Tril­ler­pfei­fen und Sprech­chö­ren deut­lich, dass sol­che Bun­des­wehr­ein­sät­ze in Kö­pe­nick nicht er­wünscht sind. Neben Ver­tre­ter*innen des An­ti­fa­schis­ti­schen Bünd­nis­ses Süd­ost [ABSO] und der Bert­li­ner VVN-​BdA pro­tes­tier­ten auch Mit­glie­der von DIE LINKE Trep­tow-​Kö­pe­nick, Junge Linke Trep­tow-​Kö­pe­nick und an­de­ren Or­ga­ni­sa­tio­nen gegen das mi­li­ta­ris­ti­sche Spek­ta­kel. Nur die Ber­li­ner Po­li­zei zeig­te wie­der ein­mal, dass an­ti­mi­li­ta­ris­ti­sche Pro­tes­te nicht ge­wollt sind und war mit einem Groß­auf­ge­bot zu­ge­gen.

AB­SO-​Pres­se­spre­che­rin Tina Böhm stellt klar: „Vor 100 Jah­ren be­gann der Erste Welt­krieg und en­de­te mit Mil­lio­nen Toten, ab­so­lu­tem Chaos und der trü­ben Aus­sicht auf einen Zwei­ten, noch viel schlim­me­ren Welt­krieg. Dass die Bun­des­wehr nun ver­sucht, auf of­fe­ner Stra­ße Men­schen für ihre Zwe­cke zu re­kru­tie­ren, ist nicht nur ge­schmack­los. In völ­li­ger his­to­ri­scher Ver­dre­hung den ‚Haupt­mann von Kö­pe­nick‘, ei­gent­lich Sym­bol­fi­gur gegen den preu­ßi­schen Ka­da­ver­ge­hor­sam des Mi­li­tärs, ist zudem re­gel­recht dumm. Dass sich der Be­zirks­bür­ger­meis­ter zu einer sol­chen Schmie­ren­ko­mö­die herab lässt, ist nicht ak­zep­ta­bel.“

Und Böhm er­gänzt: „Umso mehr freu­en uns die laut­star­ken Pro­tes­te. Hof­fen wir, dass die Stra­ßen Trep­tow-​Kö­pe­nicks nicht noch ein­mal für ein sol­ches Schau­spiel miss­braucht wer­den.“

Der Ge­schäfts­füh­rer der Ber­li­ner VVN-​BdA Mar­kus Ter­voo­ren er­klärt: „Schon Kurt Tuchol­s­ky wuss­te: ‚Sol­da­ten sind Mör­der.‘ Wer für die­sen Beruf wirbt, muss sich ent­schie­de­nen Pro­test ge­fal­len las­sen.“

Erstveröffentlichung auf Antifaschistisches Bündnis Süd-Ost am 12. August 2014

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