Kein Grauzone-Konzert in Kreuzberg

26. Oktober 2012 | Nazis auf die Pelle rücken

Das für den 30. Oktober im Kreuzberger Bi Nuu Club (ehemals „Kato“) geplante Konzert der Band „KrawallBrüder“ ist nach antifaschistischer Intervention von den Betreiber*innen des Clubs abgesagt worden.

Ursprünglich sollte das Konzert im Lindenpark in Potsdam stattfinden, wurde jedoch auch dort mit Verweis auf das rechtsoffene Publikum der Band abgesagt. Ein*e Sprecher*in des Lindenparks sagte zur Begründung, man wolle „rechten Gruppierungen keine Plattform bieten“. 

Die Band „KrawallBrüder“ („KB“) muss der sog. „Grauzone“ zugerechnet werden, ein in der Oi-, Hardcore und Punk-Szene diffus-unpolitisches Spektrum, das in den letzten Jahren zunehmend mehr Terrain erobern konnte. Konzerte bei denen früher antifaschistische Standards allgemein akzeptiert waren, kennzeichnen sich heute durch eine neue Form der Toleranz gegenüber rechtsoffenen bis klar rechten KonzertbesucherInnen mit Thorshämmern, über RAC-Glatzen („Rock against Communism“ – das neonazistische Pendant zu „Rock gegen Rechts“) im stylischen 80er Jahre Gewand bis hin zu Thor Steinar tragenden rechten Prolls aus der Hool-Ecke. Alles natürlich vollkommen unpolitisch! Unter der Oberfläche der vermeintlich unpolitschen Szene sind die Übergänge von „unpolitisch“ zu „patriotisch“ bis hin zu neofaschistisch fließend. In dieser Szene gibt es keine klare Abgrenzung nach rechts. 

Auch hinter dem unpolitischen Deckmantel von „KrawallBrüder“ verbirgt sich eine Öffnung und Toleranz gegenüber der rechtsoffenen und neonazistischen Szene. So spielte „KB“ in der Vergangenheit schon mit der RAC-Band „Glory Boys“ aus Valencia, den rechtslastigen „Gerbenok“, den rechtsoffenen „Superyob“ aus London und der Rechtsrockband „Bakers Dozen“ zusammen. Die Kooperation und die - nach antifaschistischer Intervention notwendig gewordene – vehemente Verteidigung der Rechtsrockband „Bakers Dozen“ durch „KrawallBrüder“ ist beispielhaft für Bands der Grauzone. Sie vermeiden eine eindeutige politische Positionierung, um ihr Publikum, welches wild aus Punks, Skinheads, Hooligans und auch Nazis zusammengewürfelt ist, nicht zu verlieren. So fanden sich bspw. am 31. März 2012 in Leipzig beim Konzert von „KrawallBrüder“ mehrere Neonazis aus Nordsachsen ein, um in der Pause lautstark vor dem Veranstaltungsort Lieder der Nazibands „Endstufe“ und „Sleipnir“ zu grölen. Als während des „KB“-Konzertes auf dem „Force Attack“-Festival 2007 das Publikum lautstark „Ein Baum, ein Strick, ein Antifagenick!” gröhlte, kam es zu keinerlei Reaktion von Seiten der Band. Auch auf ein Statement zu dem Vorfall – im Anschluss an das Konzert wurden dann noch linke Jugendliche von Neonazis über das Festivalgelände gejagt - wartet man bislang vergeblich. 

Das Band-eigene Label „KB-Records“ (KrawallBrüder-Records) bietet allerlei Tonträger an, die das Herz des rechtsoffenen Skinheads aufblühen lassen. „Deutschland, ja das ist unser Vaterland und wir sind stolz darauf, Deutsche zu sein!“ singt beispielsweise die Band „Rabauken“ in ihrem Lied „Vaterland“. Noch menschenfeindlicher wird es bei der Band „Bierpatrioten“: „Ich, ich bin ein schwules Schwein; Tuntenskins, ja das ist toll, die kriegen jetzt die Hucke voll!“ (aus dem Lied „Gayskins“). Der Betreiber von KB-Records, Pascal Gaspard (Sänger von „KrawallBrüder“), scheint das anders zu sehen, was im Übrigen auch erklären könnte, warum er Bands wie „Gerbenok“ produziert, deren Texte wie „Das soll jetzt nicht rassistisch klingen, doch es ist nun einmal so: irgendwelche Asylanten dealen auf dem Bahnhofsklo“ ebenfalls alles andere als unpolitisch erscheinen. 

Infolge antifaschistischer Aktivitäten bemühte sich die Band in letzter Zeit vermehrt darum, ihren rechtsoffenen Ruf loszuwerden. Seitdem mehrere Konzerte in Hinblick auf sich ankündigende Proteste abgesagt bzw. verschoben werden mussten, spendet die Band auch mal an die Kampagne „Laut gegen Nazis“ oder veröffentlicht Statements gegen „Rechtsextreme“. Diese Entwicklung muss der Band zumindest eingeschränkt positiv angerechnet werden, sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch keine trennscharfe Distanz zu menschenverachtender Musik produzierenden Bands besteht und dass Neonazis sich weiterhin - nicht ohne Grund (s.o.) - auf „KrawallBrüder“-Konzerten wohl fühlen. Solange dem so ist, wird die Band antifaschistischem Protest ausgesetzt sein - und das ist auch gut so!

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 25. Oktober 2012