(Neo)nazis in Westbrandenburg 2013

31. Januar 2014 | News Redaktion

Eine Antifaschistische Recherchegruppe hat die Strukturen und Aktivitäten des organisierten (Neo)nazismus in den brandenburgischen Landkreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und Potsdam-Mittelmark sowie in den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel und Potsdam dargestellt, analysiert, bewertet und der Antifa Westbrandenburg als Herausgeber zwecks Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

Die Publikation erfolgt zunächst als 138 seitige Online-Version in PDF (55,6 MB). Sie kann hier eingesehen werden.

Im Wesentlichen werden, nach einer Definition des Begriffs (Neo)nazismus, aktive (neo)nazistische Organisationen benannt und charakterisiert, sämtliche bekannte Aktivitäten inkl. aller erkannten Aktivist_innen offengelegt, eine Chronik zu Gewaltübergriffen aufgezeigt und ausgewertet.

Relevante Parteien der extremen Rechten

Die Antifaschistische Recherchegruppe sieht vor allem in der NPD die Speerspitze des organisierten (Neo)nazismus in Westbrandenburg. Diese Partei unterhält dort zwei Kreisverbände und mehrere Ortsbereiche. Dazu kommen noch diverse, unterstützende Vereinigungen aus den „freien Kräften“, die gemeinsam mit der Partei ein (neo)nazistisches Netzwerk bilden.

Schwerpunkt der politischen Aktivitäten dieser Vernetzung unter Schirmherrschaft der NPD war, gemäß Rechrchegruppe, im Jahr 2013 der Start einer Hetz-Kampagne gegen Geflüchtete und deren Unterbringung in mehreren Kleinstädten Westbrandenburgs. Dabei sollte an die weit verbreitete Fremdenfeindlichkeit in der westbrandenburgischen Provinz angeknüpft und so ein fruchtbares Feld für die kommenden Kommunal-, Landtags- und Europawahlen in diesem Jahr bestellt werden. Insbesondere in den Zentren des organisierten (Neo)nazismus, vor allem im Landkreis Havelland, konnte die NPD so bereits zur Bundestagswahl 2013 vielfach Ergebnisse jenseits der 5 % Hürde erzielen.

Mit der Alternative für Deutschland (AfD) ist, gemäß Antifaschistischer Recherchegruppe, jedoch auch eine neue Partei am rechten Rand der bürgerlichen Gesellschaft aufgetaucht. Sie reiht sich nahtlos in gescheiterte Parteienprojekte, wie der SCHILL Partei oder „Freiheit“, ein, die ebenfalls um Etablierung einer bürgerlichen Rechtspartei bemüht waren. Das Augenmerk der AfD liegt, gemäß Recherchegruppe, allerdings mehr in der großen Politik. Sie sei 2014 vor allem um einen Einzug in das Europaparlament sowie in den Brandenburger Landtag interessiert, könnte dadurch allerdings auch gleichlautende Absichten der NPD stören.

Zu den Kommunalwahlen tritt die AfD, trotz vorhandener Kreisverbände, jedoch offenbar, vorgeblich aus Mangel an geeigneten Kandidat_innen, nicht an. Damit könnte sich die NPD nahezu konkurrenzlos auf Kommunalebene ausbreiten, wenn sie geeignete Kandidat_innen findet.

Freie Kräfte“

Während die Parteien der extremen Rechten, allen voran die NPD, im vergangenen Jahr, immer häufiger durch meist kurzfristig angemeldete Kleinkundgebungen in das helle Licht der Öffentlichkeit drängten, zog es die „freien“ Kräfte, laut Antifaschistische Recherchegruppe, immer weiter in den Schutz der Dunkelheit. Die Vereinigung „Lichtschatten“ aus dem Potsdamer Raum trat, anknüpfend an die verbotene (Neo)nazivereinigung „Spreelichter“, ausschließlich konspirativ, durch nächtliche Aufmärsche oder Kundgebungen, Banneraktionen oder ähnlichem Aktionismus in Erscheinung. Dies mag im ersten Moment beunruhigen, zeigt aber gleichzeitig die Achilles-Ferse jeder Guerilla-Bewegung auf, nämlich die Unfähigkeit offen und breitenwirksam operativ zu wirken.

Auch die „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland / Wittenberge“ traten 2013 kaum mehr durch öffentlich beworbene Veranstaltungen in Erscheinung, agierten stattdessen größtenteils im Halbdunkel der rechtlichen Grauzone. Zuweilen auch darüber hinaus, so die Recherchegruppe. Dennoch konnte die Vereinigung im vergangenen Jahr noch expandieren, ist nun mittlerweile in drei Landkreisen vertreten und bleib damit bedeutendste „freie Kraft“ in Brandenburg. Eine Auflösung der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland / Wittenberge“ ist damit, so die Antifaschistische Recherchegruppe, durchaus noch sinnvoll, zumal die Organisation wichtigste Vorfeldorganisation der NPD ist.

Konsequenz

Ein Verbot der NPD, dass bereits am 3. Dezember 2013 eingereicht wurde, sei, in der Hoffnung auf einer konsequenten Umsetzung, ebenfalls zu begrüßen. Es könnte maßgeblich zur Destabilisierung des organisierten (Neo)nazismus in Westbrandenburg, insbesondere im Hinblick auf die Versiegung staatlicher Finanzquellen, führen.

Es mag zwar sein, dass den Acker, den die NPD in den letzten Jahren insbesondere in Westbrandenburg bestellt hat, dann andere Parteien, wie „DIE RECHTE“ ernten, soll aber nicht die Entschlossenheit zum Verbot nehmen. Ersatzorganisationen wird früher oder später dasselbe Schicksal ereilen.

So lange sich die extreme Rechte nicht von ihren völkischen, rassistischen und antisemitischen Wurzeln löst, hat sie weder in Westbrandenburg, noch andern Teilen der Bundesrepublik eine Daseinberechtigung.

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung!

Die Broschüre kann als PDF (55 MB) hier heruntergeladen werden.

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 30. Januar 2014

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