„Besorgte Bürger und Anwohner“ - Ein Blick hinter die Kulissen der RassistInnen-Aufmärsche der letzten Wochen

24. November 2014 | News Redaktion

Seit Wochen brodelt es in Berlin, egal ob in Marzahn/Hellersdorf, Köpenick oder in Buch. Es wird gegen Flüchtlingsunterkünfte, d.h. Containerdörfer, mobil gemacht, wobei sich die Initiativen, die hinter den Protesten stecken, nach außen als vermeintliche AnwohnerInnen, wenn nicht sogar als „besorgte Bürger“ ausgeben.
Ob auf den vergangenen Montagsdemos oder auf der Demo am 22. November: das Bild, welches die Gruppierungen und Initiativen auf Facebook und Co entstehen lassen, nämlich jenes des „besorgten Bürgers“ bzw. „Anwohners“ ist auf den Demos nicht vorzufinden.
Hier nun eine kleine Zusammenfassung der Akteure dieser „Bürger-Demos“, ein Blick auf jene organisierten Neonazis, welche die Infrastruktur dieser Events stellten und stellen. 

Die Berliner Szene

Seit den Protesten gegen die Eröffnung der Flüchtlingsunterkunft in Hellersdorf spielt Sebastian Schmidtke eine klare Rolle.
Chef der NPD Berlin, ehemaliger Betreiber des Military-Ladens „Hexogen“ in Schöneweide und Schlüsselfigur des „NW- Nationaler Widerstand Berlin“. Er war bei den Protesten im Köpenicker Allende-Viertel Redner und stand auch für Interviews im Zusammenhang mit dem Bau des Containerdorfes zur Verfügung. Der NW, bzw. NPD-eigene VW-Bus steht seit Beginn der rassistischen Demos zur Verfügung und wird im Twitter-Account der Bürgerinitiative als „nationaler Lauti“ bezeichnet.

Wo wir auch gleich bei der Infrastruktur um den Lauti wären, denn eine Demo braucht ja Redner.
Am 1.11. hatte Christian Schmidt diese Gelegenheit in Buch, um seine faschistischen Reden – so wie er es als NPD-Mitglied und langjähriger Aktivist des NW Berlins gelernt hat – ans „Volk“ zu richten. Schmidts Affinität zu Gewalt erleben wir immer wieder, sei es auswärts, bei Demos seiner „Volksgenossen“, wie in Neuruppin, oder in Berlin selbst, wie am 1. Mai 2010 in Charlottenburg oder am 14. April 2011 in Kreuzberg.
Nebenbei schießt er Fotos fürs Anti-Antifa-Archiv.

Daniela Fröhlich, lange Zeit politisch abgetaucht, feierte durch die Errichtung der Flüchtlingsheime, bzw. die Hetze dagegen - durch ihre Beteiligung in der „Bürgerbewegung Hellersdorf“ - ihr Comeback. Sie war auf verschiedenen Bürgerversammlungen und Demos Rednerin und unterhält beste Kontakte zum NW Berlin. Zusammen mit ihrem Bruder Matthias war sie in den 90ern eine der Kader der „Kameradschaft Mahlsdorf“ und hatte auf bundesweiter Ebene den Aufbau der Anti-Antifa vorangetrieben.

Patrick Krüger, vor ein paar Jahren „nur“ rechter, parteiloser Skinhead, dessen Name in den 90ern häufig im Zusammenhang mit Blood & Honour/Combat 18 gefallen ist, scheint neben schlechten Gesichtstattoowierungen ein neues Hobby gefunden zu haben: faschistische Parteipolitik, und zwar namentlich als stellvertretender Landesvorsitzender der Partei „Die Rechte“.
Am 1.11. war er in Buch einer der Hauptorganisatoren der Demo. Krüger steht durch seine kontinuierliche Teilnahme an den rassistischen Demos der „Bürgerbewegung Hellersdorf“ wieder mehr im Blickpunkt und ist eine wichtige Kontaktperson von Daniela Fröhlich.

Kai Schuster, langjähriges Mitglied und Kandidat der NPD in Hellersdorf. Ebenfalls seit den rassistischen Mobilmachungen in Marzahn/Hellersdorf dabei und am 22.11. als Ordner auf der Demo.

Ronny und Gesine Schrader (früher Hennrich), beide ehemals langjährige NPD-Aktivisten in Treptow-Köpenick, später Schlüsselfiguren des verbotenen „Frontbann 24“ und jetzt Kader der Partei „Die Rechte“. Bei allen Demos in Marzahn waren sie entweder als Ordner auf der Demo anzutreffen, oder hatten eine Funktion im und um den „nationalen Lauti“ inne.
Ebenso Uwe Dreisch, dessen politische Laufbahn jener der Schraders gleicht. War auch bei „Frontbann 24“ und hat ebenfalls eine der Führungsrollen des Berliner „Die Rechte“-Verbands inne. Mal tritt er bei den rassistischen Demos in Marzahn als Ordner auf, oder sitzt im Lauti. Sein Sohn, Gordon Bodo, rechter Liedermacher und aktiv im NW Berlin, begleitet ihn oft.

Christian Bentz, Marcel Rockel und Stephan Alex nahmen entweder als Ordner oder als Fotografen an den Demos in Marzahn teil. Während Alex als „Anti-Antifa“-Fotograf auftrat, ließ es sich Bentz auch am 22.11. nicht nehmen, ganz vorne dabei zu sein, wenn es darum ging, zu versuchen Gegendemonstranten anzugreifen. Alle drei sind dem NW Berlin zu zurechnen und „glänzen“ immer wieder durch Gewalttaten auf Andersdenkende.

Ebenfalls mit von der Partie, auch aus Schöneweide, Henryk Wurzel, der den „Sozialen Buchladen“ betrieb und ebenfalls langjähriger NPD-Aktiver ist.

„Anwohner“ aus anderen Bundesländern

Weitere „besorgte Anwohner“, die sich am 22.11. in Marzahn in gewohnter Manier am Mikrophon austoben durften waren Alexander Kurth aus Leipzig und Marvin Koch aus Neuruppin. Kurth hetzte schon auf den Demos in Leipzig-Gohlis gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft und ist sonst auch politisch sehr motiviert, was rechte Parteienpolitik angeht. Vor kurzem noch bei der NPD, versucht er im Moment in Sachsen einen Ableger der Partei „Die Rechte“ aufzubauen.
Marvin Koch, Kaderfigur der „Freien Kräfte Neuruppin“, redet gerne. Sei es auf eigenen Demos in Neuruppin, oder auf Demos der „Die Rechte“ in Wuppertal. Seine Gewaltbereitschaft stellte er am 1. Mai 2010 in Neuruppin unter Beweis, wo er mit anderen Neonazis das linke Projekt „Mittendrin“ angriff, nach einer Demo, die er selbst angemeldet hatte.

Am 22.11. in Marzahn ebenfalls als Ordner: Michael Fischer aus der Region Weimar, gewaltaffiner Neonazi, der sich um die „Weisse Wölfe Terrorcrew“ bewegt. Ist auf so ziemlich allen bundesweiten Demos der „Freien Kräfte“ anwesend, ob als Ordner, Redner oder nur Teilnehmer. Auch auf der „HoGeSa“-Demo am 15.11. in Hannover war er dabei.

Des weiteren waren auch viele organisierte Neonazis aus Brandenburg in Marzahn, wie auch in Buch anwesend. Zu nennen seien hier Manuela Kokott aus Fürstenwalde, Schatzmeisterin der NPD und Mitglied im Kreistag, Sandy „Lui“ Ludwig aus Wittstock/Dosse, Gründungsmitglied der „Weisse Wölfe Terrorcrew“ und Andreas Rokohl, Lebensgefährte von Aileen Rokohl (Landesgeschäftsfüherin Brandenburg), welcher neben seiner Aktivität im NPD-Kreisverband Oberhavel auch gern die Arbeit der NPD in Barnim Uckermark unterstützt.
Andreas Rokohl war am 1.11. in Buch anzutreffen, als „Vorschreier“ rassistischer Parolen, bewaffnet mit Megaphon.

Der Soundtrack für das „Volk“

Der rechte Rapper Patrick Killat aka. „Villain51“ ist nicht nur selbst bei den Demos anwesend, er produziert auch die Hintergrundmusik für die Demos. Zusammen mit „DeeEx“ oder Karin Mundt vom Rechtsrock-Projekt „Wut aus Liebe“ liefert er den Soundtrack gegen Flüchtlinge, Salafisten oder Andersdenkende. Auch er ist seit den Mobilmachungen gegen die Flüchtlingsunterkunft in Hellersdorf dabei und erfreut sich auch bei den „Hooligans gegen Salafisten“, durch seinen Auftritt in Köln, enormer Beliebtheit.

Die Liste der organisierten Neonazis, welche auf den „Nein zum Heim“-Demos in Buch, Marzahn oder Köpenick aktuell anwesend sind und wichtige organisatorische Posten während jener Demos füllen, ist lang und kann beliebig ergänzt werden, denn all jene sind keine Unbekannten.
Eine einfache Recherche bei gewissen Suchmaschinen spuckt innerhalb kürzester Zeit Infos raus, welche Seiten füllen.
Für uns als AntifaschistInnen sind solch Informationen nicht neu, doch dienen sie als Argumente um Roß und Reiter dieser rassistischen Demos benennen zu können und um jenen die Augen zu öffnen, welche am 22.11. in Marzahn behaupteten, dass es sich um eine Demo „besorgter Anwohner und Bürger“ handelt.
Unsere Aufgabe ist es diese Informationen zu verbreiten und Denkanstöße zu geben, damit diese Demos an Zulauf verlieren.

Der NW Berlin, bzw. all jene lokalen rechten Akteure haben es zum ersten Mal seit Jahren geschafft, gesellschaftlich irgendwie relevant zu sein, und sei es nur durch die Bereitstellung der Mittel, um solche Demos stattfinden zu lassen. Durch populistische Ansätze und einfache „Lösungen“ gelang es ihnen eine Anzahl von Menschen zu mobilisieren, welche sie die letzten Jahre allein durch ihre Kräfte nie hätten mobilisieren können.
Wir können beobachten, wie TeilnehmerInnen, bzw. tatsächliche AnwohnerInnen aus Köpenick oder Buch auf den Demos in Marzahn mitliefen. Die völlig naiven Ängste dieser Menschen werden von Neonazis aufgegriffen und bevor wir uns versehen, sind jene MitläuferInnen auch hörig gegenüber anderen Themen. Als Beispiel seien hier nur die Thematiken „Volkstod“ oder die „Islamisierung des Abendlandes“ genannt.
Der Begriff des „Volkes“ und die Auslegung dessen durch organisierte Neonazis kann durchaus auf Interesse stoßen und all jene ansprechen, die jetzt bei den „Nein zum Heim“-Demos dabei sind.

Wir müssen handeln, damit diese Demos als das wahrgenommen werden, was sie für uns schon lange sind:
Eine Ansammlung organisierter Fachisten, Rechtspopulisten und Neonazis.
Nicht nur rechts unterwandert, sondern straff rechts geführt. Nicht Anwohner und Bürger, sondern Neonazis aus verschiedensten Stadtteilen und sogar Bundesgebieten.

Nicht besorgt, sondern besorgniserregend!

Eine Recherche-Gruppe


Alle Informationen stammen aus der „Fight-Back- Antifa Recherche 2013“ und der Broschüre „Hinter den Kulissen...- Hinter-und Vordergründer der brandenburgischen Neonaziszene“

Fotos von :
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https://secure.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/
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https://secure.flickr.com/photos/soerenkohlhuber

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 24. November 2014