NSBM-Konzert in Moabit?

18. September 2012 | Nazis auf die Pelle rücken

Die subkulturelle Sphäre des Black und Death Metals scheint vielen verschlossen und undurchsichtig. Doch ist sie gar so undurchsichtig, dass Akteure, die nachvollziehbare Schittmengen zur völkischen Rechten aufweisen, mittlerweile unter dem Deckmantel des „Unpolitischen“ ihre Touren und Konzerte in Lokalitäten veranstalten können, die sich bislang gegen neonazistische Inhalte und Strukturen positioniert hatten.

Am 20.September sollen in der Berliner Kulturfabrik Moabit, genauer in den Räumen des „Slaughterhouse e.V.“, die finnische Black Metal Band „Horna“, die norwegischen Formation „Tortorum“ und „Backlodge“ aus Frankreich auftreten. [1] Das „Slaughterhouse“ ist als Veranstaltungsort ein Teil der „Kulturfabrik Moabit“, die vielfach als Teil einer alternativen Kulturlandschaft angesehen wird.

Vorweg: der Vorstand des „Slaughterhouse e.V.“ wurde im Vorfeld dieser Veröffentlichung mit den Sachverhalten konfrontiert und zu einer Stellungnahme und in der Konsequenz zur Absage der Veranstaltung aufgefordert. Zudem fand ein offener Austausch statt, bei dem sich die Veranstaler_innen jedoch nicht in der Lage sahen, eine Eindeutige Entscheidung zu fällen. Auf einen späteren Zeitpunkt wollten sich die Anwesenden nicht festlegen. Nun, drei Tage vor der geplanten Veranstaltung stellt sich die Situation daher für uns wie folgt dar: Es gibt keine neuerliche Stellungnahme und das Konzert wird nach wie vor beworben. Deshalb entschließen wir uns nun den Vorgang öffentlich zu machen, mit allen möglichen Konsequenzen.

Erst im Jahr 2010 wurden wieder diverse Konzerte der Band „Horna“ in Deutschland und Österreich abgesagt, nachdem nach genauerer Betrachtung schnell festgestellt werden konnte, dass „Horna“, vor allem über den Gitarristen „Shatraug“ [Ville Pystynen], der in der Öffentlichkeit als Sprachrohr der Band auftritt, dezidierte Schnittmengen zu neonazistischen Positionen vertritt. Doch damit nicht genug: „Horna“ wurde über Jahre von Sven Zimper, seines Zeichens Betreiber des Labels „W.T.C. Productions“ vertrieben [2]. Zimper, gleichzeitig Schlagzeuger der deutschen NSBM-Band „Absurd“, verteibt in seinem Shop bis heute CDs und Merchandise der Bands „Horna“ und „Tortorum“ [3].

Darüber hinaus wurde vor drei Jahren bekannt, dass Horna Gitarrist „Shatraug“ aktiv daran beteiligt ist, neonazistische Inhalte über sein Label namens „Grievantee“ zu vertreiben [4]. Im Jahr 2006 verlegte er beispielsweise die französische NSBM-Band (National Socialist Black Metal) Kristallnacht und in der darauffolgenden Zeit weitere einschlägige Bands wie „Aryan Blood“, „Aryan Art“, „Endlösung“ und „Holocaustus“. Hervorzuheben ist außerdem das Album „Shoax“, ein Neologismus aus „Shoa“ und „Hoax“, welches „Shatraug“ 2008 für die finnische NSBM-Band „Hammer“ herausbracht. [ebd.]

Obwohl die Band Horna selbst in der Öffentlichkeit einen „unpolitischen“ Eindruck erwecken möchte hatten und haben die anderen Bandmitglieder offensichtlich kein Problem, mit den bis heute andauernden Nazi-Geschäften ihres Leaders.

Stattdessen wurden frühere neonazistische Ausfälle dem ehemaligen Bandmitglied „Nazgul“ zugeschrieben, was „Shatraug“ jedoch keinesfalls daran hinderte, noch im Jahre 2003 lobende Worte für „Nazgul“s Folgeprojekt, die Neonaziband „Satanic Warmaster”, zu finden:

„Nun, unser Ex-Sänger [der z. B. auch bei der Band „Gestapo666″ aktiv war) ist kein Mitglied mehr von „Horna“, weil er sich auf diese Art von Idealen im Black Metal konzentrieren wollte. Ich unterstütze viele NS Bands, aufgrund der Qualität, die sie in der Musik bieten und wegen dem Intellekt der jeweiligen Personen. Ich unterstütze keine Poser oder Wannabees. Es muss sich beweisen, ob eine Band ehrenwert oder nur purer Abschaum ist. Politik im Metal ist nicht wirklich notwendig, aber ich kümmere mich auch nicht darum, so lange es sich nicht als absolut dumm herausstellt.“ [5]

Im Jahr 2001, noch bevor man sich von “Nazgul” trennte, bekannte sich “Shatraug” ganz offen zur nationalsozialistischen Ideologie: “Ja, ich unterstütze ihn [den Nationalsozialismus, Anmerkung] und von Warmaster [Nazgul] kann ich das gleiche sagen. Meiner Ansicht nach bedeutet der Nationalsozialismus, stolz auf sein eigenes Erbe und sein eigenes Land zu sein, an die Waffenbrüder zu glauben sowie an jene Werte zu glauben, die jeden fremden Einfluss oder Religion ausschließen.” [6]

Was an dieser Stelle schon durchschimmert nämlich, dass der prominente Kopf der Band neben den wirtschaftlichen Interessen auch explizite politische Ziele verfolgt, gab er 2006 in einem Interview mit einem kanadischen Szenemagazin unumwunden zu:

„For more nationalist ideas I am involved in a project called Blutschrei with Vilheim from Sombre Chemin [7] and Ravenum from the local band Hammer [8]. He was the drummer in Horna for a really short while before injuring his arm and being unable to play drums proper ever again.“ [9]

Während also das Außenbild von „Horna“ bewusst entpolitisiert wird, um auch in von Rassismus „unverdächtigen“ Konzerträumen spielen zu können, findet sich der Gitarrist mit anderen einschlägigen Personen in dem benannten NSBM-Projekt „Blutschrei“ zusammen - offenbar kein Widerspruch? Dabei steht „Shatraug“ mit seinen Liebäugelleien nach rechts beileibe nicht allein bei „Horna“: Auch der derzeitige Sänger „Corvus“ war noch vor einem Jahr Mitglied der Band „Korgonthurus“ welche beim NSBM-Label „Blood & Soil“ (Blut & Boden) unter Vertrag stand und 2009 eine Split-CD beim oben genannten einschlägigen Label „W.T.C. Productions“ veröffentlichte.

Musikalische Kooperationen z.B. 2006 mit den offenkundigen NSBM-Bands „Legion of Doom“ und „Sacrificia Mortuorum“, sowie 2007 mit der „umstrittenen Band“ „Peste Noire“ aus Frankreich zeigen auf, dass hier keinerlei Berührungsängste zum Spektrum des „National Socialist Black Metal“ bestehen [10].

Die Verhaltensweisen mit denen die Band und kulturindustriell Verantwortliche, z.B. Veranstalter_innen damit umgehen, deuten auf einen Konsens der Ignoranz, des Relativierens und des Schweigens zu gewissen Vorwürfen. So versucht die Band, vornehmlich ihr Sprachrohr „Shatraug“, die schwerwiegenden Vorwürfe zu entpolitisieren und zu umgehen, indem er die jeweiligen Gegenstände der Kritik als plumpe „Provokationen“ darstellt:

„There have been times of provocation and controversy, yes, we are the first to admit to this but we are far above the nazi people we are being referred to. We support freedom of speech, open mindedness and equality.” [11] Sind also Stetements der Band in ihrem Gästebuch wie: „You don’t have to like what we are, it only proves where we stand and where you fall. YOU are the one who has no grip of reality. You like turkish scum infesting your neighborhood? You like rap and hip hop? Maybe you also do drugs and molest children? Maybe you want to wear funny hats and go to synagogues with other circumcized mice? THAT is what we are against. Don’t have to be “nazi” to be proud of our origin, blood and culture“ [12] nur als reine Provokation, als Witz, zu sehen, wie es „Shatraug“ anlässlich dieser Äußerungen später Glauben machen wollte? [13] Betrachtet man in welchen Kontexten, sich Mitglieder von „Horna“, und insbesondere „„Shatraug“ seit Jahren bewegen, erscheint dies kaum Glaubhaft.

Dem Blog „fight fascism“ zufolge spielte auch der Schlagzeuger der Band „Tortorum“, welche ebenfalls im Rahmen der anstehenden „Horna“-Tour in den Räumen des „Slauterhouse“ auftreten soll, zuvor bei diversen NSBM-Projekten wie „Thunderbolt“, „Veles“ und „Swastyka“. [14]

Dass diesen Umtrieben nun auch im als vielfältig und offenen bekannten Projekt der Kulturfabrik Moabit, genauer im Slaughterhouse Berlin, sprichwörtlich eine Bühne geboten werden soll, repräsentiert eine zeitgenössische Einstellung vieler Veranstalter_innen. Das rechte Auge scheint hier wohl geschlossen worden zu sein, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der antirassistische Anspruch der Kulturfabrik mit der Ausrichtung dieses Konzertes einen herben Schlag bekommen würde. Anders ist es nicht zu erklären, dass das „Slaughterhouse“ am kommenden Donnerstag Räumlichkeiten für Personen bereitstellt, die nicht nur neonazistisches Gedankengut in sich tragen, sondern dies auch außerhalb der jeweiligen Band aktiv vertreiben.

Auf die Pelle rücken! – Antifaschistische Infos aus Wedding und Moabit

Fußnoten:

[1] HORNA Europa Tour 2012

[2] Luror (D) – Bandbeschreibung

[3] W.T.C.-Productions verkündet noch am 28.05.2012 auf der Label-eigenen Homepage, neue „Horna“-Shirts ins Angebot aufgenommen zu haben; einer von vielen „Horna“-Artikeln, den das Label bis heute vertreibt.

[4] Horna (Finnland) – Bandbeschreibung

[5] Interview mit dem "Twierdza"-Onlinemagazin, 2003 [nicht mehr online][6] Christian Dornbusch, Hans-Peter Killguss: Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus. Unrast Verlag, Münster 2005, ISBN 3-89771-817-0, S. 254.

[7] „Sombre Chemin“, Frankreich, Mitglied der NSBM-Vereinigung Pagan Front

[8] „Hammer“, Finnland, NSBM-Band: Band-Logo mit Hakenkreuz

[9] http://www.canadianassault.com/hornainterviewnew.htm

[10] siehe Discografie der Band

[11] Horna (Finnland) – Bandbeschreibung, Kommentar am Ende des Artikels

[12] siehe Horna (Finnland) – Bandbeschreibung

[13] Horna (Finnland) – Bandbeschreibung, Kommentar am Ende des Artikels

[14] Rechtsextreme Black-Metal-Band “Horna” auf Europa-Tour

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 17. September 2012

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