Elsässer-Tagung an FU Berlin

23. November 2012 | Nazis auf die Pelle rücken

Unter dem Motto "Wie wird Deutschland wieder souverän?" findet am Samstag an der FU Berlin, in dem (nach einem Antisemiten benannten) Henry-Ford-Bau, eine Tagung des rechten, nationalistischen, verschwörungstheoretischen Compact-Magazins statt.

Stargäste sind Professor Karl Albrecht Schachtschneider und Peter Scholl-Latour. Gefragt wird im Ankündigungstext u.a.: "Können wir heute etwas lernen von der Gleichgewichtspolitik eines Otto von Bismarck, von der Entspannungspolitik eines Willy Brandt? (...) Welche Rolle spielen die alliierten Vorbehaltsrechte heute? Welche Bedeutung haben das Fortbestehen der UN-Feindstaatenklausel, das Fehlen eines Friedensvertrages? Welche Rolle spielen die “Kanzlerakte” und andere Geheimverträge? (...) NATO oder EU – welches ist die größere Einschränkung der deutschen Souveränität? (...) Wie können wir die Souveränität Deutschlands wiederherstellen? Müssen wir für eine neue Verfassung kämpfen – obwohl auch Schäuble & Co. eine neue Verfassung anstreben? Sollen wir nicht lieber das Grundgesetz verteidigen, obwohl es Mängel hat? Lohnt ein Rückgriff auf die Reichsverfassung von 1871 – oder kommen wir da in die 'Spinnerecke'?"

Dass man gar nicht mehr in die "Spinnerecke" muss, sondern schon tief drinsteckt, zeigt der Ankündigungstext bereits. 

Weitere Indizien sind die Referenten sowie vor allem der Veranstalter Jürgen Elsässer. 
Peter Scholl-Latour ist gern gesehener Junge Freiheit-Interviewpartner und damit geopolitischer Stichwortgeber in Debatten der Neuen Rechten. 
Jürgen Elsässer ist Mitbegründer der Querfrontinitiative "Volksinitiative gegen Finanzkapital", die u.a. auf Zuspruch aus Kreisen der NPD stieß. Elsässer positionierte sich während der Proteste gegen das Regime im Iran 2009, auf Seiten der Schlächter und unterstützte die Niederschlagung der Revolte. Die Protestierer bezeichnete er als "Strichjungen" und "Discomiezen", denen die Folter in einem "Darkroom" zu wünschen sei. Kürzlich besuchte er mit einer Reisedelegation den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad. Diesen lobt Elsässer vor allem für seinen "Antizionismus". 

Inzwischen äußert er sich auch unverholhen rassistisch gegen sog. "Vermischung" von "Völkern". So auf seinem Blog anlässlich des 4:4-Spiels der Fußballmannschaften Deutschlands und Schwedens: "Tut mir leid, ich sehe das nicht nur sportlich. Wie kann man 4:0 vorne liegen und das Spiel nicht nach Hause schaukeln? Das wäre früher in Deutschland unmöglich gewesen. Das gab’s vielleicht in Afrika, wo man aus Spaß an der Freud herumkickt. Aber zu den deutschen Tugenden gehört nun mal NICHT ‚Spaß an der Freud‘, sondern Schaffen, Ackern, Planen, Organisieren, Durchhalten. Andere Nationen sind genial im Kreativen, im Künstlerischen, im Improvisieren, und am Schluss ist das Ergebnis auch toll. Aber unsere Stärke ist was Anderes, das vorher genannte. Mir san mir. Jedem das Seine. Kein Volk ist schlechter als das andere. Aber absolut TÖDLICH ist das Vermischen: Wenn den Deutschen ihr Fleiß und ihre Kampfkraft ausgetrieben werden soll – und die heißblütigen Südländer ans Kreuz der preußischen Arbeitsdiszplin (sic) geschlagen werden." 

Solche Ausagen wären wahrscheinlich selbst dem rassistischen "Gen-Theoretiker" Thilo Sarrazin zu krass. Dennoch: Auch Thilo Sarrazin konnte kürzlich auf Einladung Jürgen Elsässers Compact-Magazins sein Anti-Euro-Buch vorstellen. 

Wir haben es also mit einer durch und durch reaktionären Konferenz zu tun, die für Deutschland um einen Platz an der Sonne kämpft. 

Dass sich bislang kein Widerspruch formiert hat, verblüfft. Außer das Onlinemagazin "Ruhrbarone" blieb die Berichterstattung dürftig. Von den einschlägigen Berliner Antifa-Gruppen und dem protestierfreudigen AStA der FU ist bislang nichts zu vernehmen. Das wird sich hoffentlich noch ändern.

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 22. November 2012

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