Bericht zum dritten Prozess wegen Stopp AfD letzten November

11. Juli 2016 | News Redaktion

Am Mittag des 29. Juni wurde das dritte uns bekannte Verfahren wegen der Proteste gegen den AfD-Aufmarsch am 7. November 2015 in Berlin eröffnet. Wie bereits in den Verfahren zuvor ging es um Körperverletzung und Widerstand - nur der Landfriedensbruch fehlte diesmal. Nach 2 1/2 stündiger Verhandlung wurde das Verfahren ausgesetzt. Bereits am Vormittag war ein anderes Verfahren mit einem Freispruch geendet.

Nach Verlesung der Anklage äußerte sich der Angeklagte zu den Vorwürfen. Er erklärte, dass es nach wie vor richtig und wichtig findet gegen "den größten Naziaufmarsch der letzten Jahre in Berlin" protestiert zu haben. Daran wolle er sich auch nicht von der Polizei hindern lassen. Die ihm vorgeworfenen Taten bestritt er jedoch. Konsequenterweise hatte er daher gegen den Strafbefehl über 50 Tagessätze Widerspruch eingelegt.

Im Anschluss wurde der erste Polizist als Zeuge gehört. Dieser hatte große Probleme, sich an Sachen zu erinnern, die er nicht am Vortag in seiner eigenen Aussage nochmal nachgelesen hatte. Auch deshalb dauert die Vernehmung eine gefühlte Ewigkeit. Gleichzeitig zeichnete sich ab, dass neben den geladenen vier Polizisten weitere Zeug*innen benötigt werden - und damit ein weiterer Verhandlungstag nötig wird.

Nun ist jedoch bekanntlich die Terminfindung im Sommer meist gar nicht so leicht. Dies ging auch den Beteiligten in diesem Verfahren so. Ein Verfahren muss jedoch innerhalb von 3 Wochen wieder aufgenommen werden - oder die Beweisaufnahme muss von vorne beginnen. Da brach die Richterin das Verfahren lieber gleich ganz ab - und kündigte an, dass es wohl frühstens im September, eher im Dezember wieder aufgenommen wird. Wir freuen uns schon darauf, den Erinnerungslücken des Polizisten erneut zu lauschen.

Um ihm die Vorbereitung auf die nächsten Termine nicht zu erleichtern, verzichten wir hier auf Details. Einige Anekdoten am Rande seien jedoch gestattet:

  • Der Polizist liest gerne ein "Medium der linken Szene" - gemeint war wohl Indymedia - selbstverständlich nur "privat". Bei seinen Streifzügen war er dann rein zufällig auch auf ein Foto seiner eigenen Festnahme, die heute verhandelt wurde, gestoßen.
  • Wie es sich für eine moderne Behörde gehört, hat auch die Polizei eine Qualitätskontrolle. Diese liest über jede zeugenschaftliche Aussage drüber und verlangt bei Mängeln eine Korrektur. Und unter Mängeln verstehen sie dabei neben Rechtschreibung und Ausdruck auch "grobe inhaltliche Fehler" - oder anders ausgedrückt: Widersprüche in den Aussagen der einzelnen Beamten.

So hatte sich Staatsanwaltschaft und Gericht den Verlauf des Prozesses wohl nicht vorgestellt...

Erstveröffentlichung auf Indymedia am 7. Juli 2016

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