Hitlerfeier in Lichtenberg - Antifa aktiv

22. April 2012 | Nazis auf die Pelle rücken

+++ Polizei ermöglicht Feier zum Hitler-Geburtstag in Lichtenberger Lückstraße +++ Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke und weitere NPD-Funktionäre dabei +++ Antifa stört mit Kundgebung direkt vor dem Neonazi-Treff +++ In Schöneweide ebenfalls antifaschistische Kundgebung und Informationsstand +++ Demo in Hohenschönhausen gegen NS-Kriegsverbrecher +++

Es mochte nicht so richtig Stimmung aufkommen in der Berliner Neonaziszene am diesjährigen 20.April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, den die Neonazis sonst so gerne unbeachtet der Öffentlichkeit begehen und auf den sie sich auch diesmal so gefreut hatten. Gleich in zwei sogenannten "neonazistischen Wohn- und Aktionsschwerpunkten" in Berlin kam es heute zu antifaschistischem Protest: Eine Neonazifeier in der Lückstraße 58 in Lichtenberg konnte nicht ungestört stattfinden, in Schöneweide fand eine antifaschistische Kundgebung statt. Bereits am Nachmittag hatten Antifaschist_innen in Hohenschönhausen gegen einen dort wohnenden NS-Kriegsverbrecher demonstriert und wohl auch ihm den "Führergeburtstag" versaut.

Schöneweide

In Schöneweide fand ab 17.00 Uhr eine Kundgebung von über 50 Antifaschist_innen am S-Bahnhof statt. Es wurden zahlreiche Flugblätter über die aktuelle Situation im Kiez an Passant_innen verteilt und mit Schildern und Transparenten auf das Problem hingewiesen. Der Ortsteil gilt bei Neonazis als Rückzugsraum, aber auch als Aktionsschwerpunkt. Aufgrund der Vielzahl an Szeneobjekten ("Zum Henker", "Hexogen", etc.) und Wohnungen sind Neonazis im alltäglichen Kiezbild präsent und können entsprechend offensiv agieren. Von hier aus planen sie Aktionen und Übergriffe, hier reisen sie gemeinsam zu Aufmärschen ab und hier ziehen sie sich nach ihren Tätigkeiten zurück. Mit der Aktion sollte ein weiteres mal gezeigt werden, dass diese Situation keineswegs statisch ist. Die Antifaschist_innen verdeutlichten, das sie keineswegs bereit sind, Neonazis Raum zu überlassen, und immer wieder - wie in dem Fall auch überraschend - in von Neonazis beanspruchten Gegenden aufkreuzen werden.Vereinzelt tauchten am Rande der Kundgebung Neonazis auf, so z.B. der NPD-Landeschef, Betreiber des "Hexogen" und Aktivist des "NW Berlin" Sebastian Schmidtke zusammen mit Maria Frank, sowie eine Bahnhofstrinker-Clique um Daniel Schiefer (s. Foto).

Lichtenberg

Anschließend sammelten sich ab 19.30 bis zu 65 Antifaschist_innen in der Lichtenberger Lückstraße, direkt vor dem Ladengeschäft im Haus Nummer 58, in welchem sich ein Treffpunkt der Berliner Neonaziszene aus dem Personenzusammenhang um den "NW-Berlin" befindet. Die Kundgebung richtete sich gegen die dort für den Abend geplante Feierlichkeit der Berliner Neonaziszene anlässlich des Geburtstags von Adolf Hitler. Seit etwa einem Jahr gibt es den Treffpunkt im Weitlingkiez (Mehr zur Lückstraße 58). Die Location, die von den Neonazis vom "NW Berlin" gern als ihr "Nationales Jugendzentrum" beschrieben wird, ist nichts weiter als ein "Szenewohnzimmer". Jugendarbeit findet hier nicht statt, stattdessen lungern hier die immer gleichen lokalen Neonazis herum, lagern hier ihre "NW Berlin"-Propaganda (zwischenzeitlich auch NPD-Wahlplakate) und nutzen die "Lück58" als Ausgangspunkt für Sprüh- und Propagandatouren oder Angriffe. Mehrere Veranstaltungen mit bundesweit bekannten Neonazis wie dem sächsischen NPD-Abgeordneten Arne Schimmer oder dem "Freies Netz"-Aktivisten Maik Scheffler fanden in den Räumlichkeiten statt. Der Vermieter des Hauses kündigte nach Bekanntwerden des Treffpunkts die Räume. Ein Räumungsverfahren steht noch aus.

Wie ein Neonazi auf Facebook im Vorfeld schrieb, soll es sich bei der für heute geplanten Feierlichkeit um eine "Solifeier" gehandelt haben: "freitag solifeier in berlin! man sagt, es gibt einige gLückwünsche zu verteilen!" (siehe Screenshot). Mit der gewählten Schreibweise ("g-Lück-wünsche") wurde codiert auf den Veranstaltungsort und den Anlass hingewiesen. Erneut offenbarte sich an diesem Abend die enge Verbindung - nahezu in Personalunion - von NPD und dem gewalttätigen Personenzusammenhang um den "NW-Berlin". Und vor allem ihre deutliche nationalsozialistische Ausrichtung und der von ihr gepflegte Hitler-Kult. Neben dem Neonazis Björn Wild, Stephan Alex und dem schwedischen Neonazi Dan Eriksson (trat u.a. als Redner für die Organisation "Info 14" bei Aufmärschen im schwedischen Salem auf), ließ sich auch hier erneut NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke blicken. Auch weitere Neonazis schlichen sich mit Unterstützung der Polizei über die Emanuelstr. in den Hinterhof der Lückstr. und betraten ihren Treffpunkt über einen Seiteneingang. Der Haupteingang blieb ihnen wegen des antifaschistischen Protestes verwehrt. Die Berliner Polizei spielte so zum wiederholten Mal eine unrühmliche Rolle. Wenn das Ausrichten von Feierlichkeiten zu Ehren Adolf Hitlers nicht unter NS-Verherrlichung fällt, was bitte dann?

Hohenschönhausen

Mit dem historischen Nationalsozialismus beschäftigte sich bereits am Nachmittag eine weitere antifaschistische Demonstration: Unter dem Motto "Kein Vergeben - den Nazi-Verbrechen in Italien!" wurde in Hohenschönhausen auf die Nachbarschaft eines NS-Kriegsverbrechers hingewiesen. Hier lebt seit Jahren unbehelligt ein ehemaliges Mitglied der Fallschirm-Panzer-Division „Hermann Göring“, welche im Zeitraum von März bis Mai 1943 in 21 Ortschaften in Italien Massaker an Partisan_innen und der Zivilbevölkerung beging. (Mehr Infos)

Morgen, den 21.04. planen die Neonazis erneut aktiv zu werden: Auf Facebook ruft die NPD schon seit geraumer Zeit zum bundesweiten Aktionstag "Raus aus dem EURO" auf, zu welchem sie zu Aktionen und Informationsständen auffordert. So ist u.a. ab 10.00 Uhr in Reinickendorf ein Informationsstand angekündigt.
Haltet also Ausschau in eurer Gegend! Zeigt euren Protest, wenn ihr NPD-Stände seht!

* Mehr über den Berliner NPD-Landesschef, Betreiber des Neonaziladens "Hexogen" und Mitbetreiber der indizierten Seite des "NW-Berlin"
* Mehr über die Berliner Neonaziszene allgemein
* Älterer Artikel über die Lückstraße
* Informationen über die Neonaziszene in Schöneweide